Abenteuer Wurmkompost
Der Wurmkompost ist ein Teil meines Dachgartens, in dem ich das Schließen der Kreisläufe von Nahrungserzeugung und Resteverwertung im städtischen Umfeld ausprobiere.
Meine Grünabfälle will ich selbst kompostieren, um Dünger für meine Gemüsepflanzen zu erzeugen und den Kreislauf von Nahrungserzeugung und Resteverwertung zu schließen. Da dies mein erster
Versuch mit Gemüseanbau ist, mache ich das alles im ganz ganz kleinen Rahmen in ein paar Eimern und Kisten auf dem Dach vor meinem Fenster.
Da ich keinen geeigneten Platz für einen Komposthaufen habe, möchte ich in einer Kiste einen Wurmkompost anlegen.
Der Plan ist schon mal gut, aber bis Ende April passiert erstmal nichts... Das kenne ich irgendwie: Ich möchte schon lange einen Wurmkompost anlegen, habe es aber bis jetzt noch nicht getan. Und
auch die Leute, die ich dazu anstiften wollte, konnte ich nicht überzeugen. Ich selbst hatte einen Komposthaufen im Garten, daher nicht so viel Druck, außerdem fand ich die Idee, Würmer zu
bestellen und per Post schicken zu lassen, immer merkwürdig. Nun, wo ich einen Wurmkompost haben möchte, fällt es mir noch immer nicht leicht, einfach damit anzufangen. Erstens weiß ich immer
noch nicht, woher ich die Würmer kriegen soll und außerdem ist es doch noch etwas anderes, ein paar Pflanzen zu betreuen als die Verantwortung für Tiere zu übernehmen, selbst wenn es „nur“
Regenwürmer sind.
Als ich sehe, dass es auf dem Permakulturprojekt Hayes Valley Farm einen „Vermiculture Workshop“ gibt, bin ich
begeistert und sehe meine Chance, die Anfangshürde zu überwinden.
Und tatsächlich, es klappt: In dem Praxisworkshop wird nicht nur erklärt, wie ein Wurmkompost funktioniert und aufgebaut ist, wir packen auch selbst mit an und lernen, einen fertigen
Kompostkasten zu „ernten“ und neu wieder aufbauen. Neben einem Joghurtbecher voll mit Würmern nehme ich auch die Erfahrung mit, mit den Würmern umzugehen. Sehr hilfreich ist auch der Kontakt zur
Kursleiterin, die ich in den nächsten Wochen noch oft um Rat fragen werde, wenn ich unsicher bin, ob ich alles richtig mache und es meinen Würmern gut geht.
Meine erste Wurmkiste - im Schuhkarton
Nun traue ich es mir zu, eine eigene Wurmkiste anzusetzen, und ich habe die wichtigste Zutat: die Würmer.
Als Kiste nehme ich tatsächlich einen Schuhkarton, in den ich eine Plastiktüte lege. diesen hänge ich in einen zweiten, größeren Schuhkarton, ebenfalls mit Plastiktüte ausgekleidet, in dem das
überschüssige Wasser aufgefangen werden kann. In den Deckel bohre ich Löcher, dann beginne ich mit dem Aufschichten.
Ganz unten fülle ich Pappschnitzel aus alten Eierkartons ein, Kokosfasern habe ich gerade nicht und ich will die Kiste komplett mit „Hausmitteln“ zusammenstellen, also nur benutzen, was ich
ohnehin hier habe an Material.
Die Pappschicht unten sollte etwas angefeuchtet sein, aber nicht zu nass. Und es auch gut, ein wenig Erde mit hineinzugeben, so dass von Anfang an auch andere Bodenlebewesen mithelfen bei der Komposterzeugung (bei mir kam die Erde mit den Würmern mit).
Auf diese Schicht gebe ich die Würmer, so dass sie Zugang zur Bettung haben und auch zu den Küchenabfällen, die ich als nächstes oben drauf schichte. Die oberste Schicht aus den Küchenabfällen
bedecke ich mit angefeuchteten Zeitungsschnipseln. Das soll auch dagegen helfen, dass Fliegen ihre Eier auf den Abfällen ablegen. Vielleicht auch gegen Geruch? Auf jeden Fall sieht es besser aus,
wenn man beim Öffnen der Kiste nicht direkt in die vergammelnden Reste schaut.
Das Ansetzen geht relativ schnell. Spannend wird es, in den nächsten Wochen zu sehen, wie sich alles anlässt.
Tatsächlich geht der Spaß dann erst richtig los… ständig frage ich mich, ist auch alles gut, ist es zu nass, zu trocken, zu warm, zu hell … haben die Würmer genug oder zuviel Futter, wie lange
dauert es, bis eine Portion verdaut ist, wie viel kann ich pro Woche hineingeben? Ich tausche mich per E-Mail regelmäßig der Wurmexpertin über den Zustand meiner Kiste aus… Am Anfang ist alles,
was passiert, aufregend.
Juni 2011, Meine zweite Wurmkiste
Nach zwei Monaten nehme ich die Papp-Wurmkiste auseinander, beide Pappkartons sind matschig, durch die Ablauflöcher der Plastiktüten ist trotz Klebeband Flüssigkeit ausgelaufen. Nach zwei Monaten
ist einiges von den Küchenabfällen schon umgesetzt zu dunkelbraunem Wurmkompost der mit Resten von dem Zeitungspapier vermischt ist. Einige größere Stücke vom Küchenabfall sind nur wenig
zerfallen. Ich habe zwischendurch 3-4 Mal neue Gemüseabfälle hinzugefügt, von der Menge her jeweils eine Schüssel, die ca. 1l Flüssigkeit fasst.
Ich schätze, tendenziell habe ich mehr Reste hineingegeben, als die Würmer verarbeiten konnten.
Die meisten Würmer haben sich weit unten in der Kiste in einem faustgroßen Klumpen versammelt (ich erfahre später, dass das darauf hindeuten kann, dass es den Würmern zu kalt ist, so dass sie
versuchen, sich gegenseitig zu wärmen). Ich sehe einige kleine Babywürmer, über die ich mich sehr freue, da ich es als ein Zeichen von Wohlbefinden werte, dass die Würmer sich fortpflanzen.
Mein Wunsch für die nächste Runde ist, dass die Würmer sich in der ganzen Kiste wohlfühlen und den ganzen Raum nutzen, sich fortpflanzen und meine Wurmpopulation sich vergrößert. Ich würde gerne
als nächsten Schritt auf eine doppelstöckige Wurmkiste umsteigen, um alle Grünabfälle selbst zu kompostieren und zu nutzen.
Übergangsweise lasse ich die Würmer in einer Plastikkiste; da sie keine Löcher im Boden hat, lege ich zwei Lagen Eierpappe als Drainageschicht hinein, darauf kommt dann die Matratzenschicht aus
kleingeschnittenem Zeitungspapier, darauf der Rest der ersten Wurmkiste mit den Würmern, dann neue Küchenabfälle und eine Abdeckschicht aus Zeitungspapierschnipseln und der Deckel.
Diese Kiste lasse ich auch während des Sommerurlaubs für ungefähr 10 Tage ganz alleine, Gut gewässert, Abgedeckt, im Schatten und mit einer guten Portion Wurmfutter ist es kein Problem. Ich
denke, solange nicht die Gefahr besteht, dass die Kiste austrocknet, könnte sie auch sehr gut mehrere Wochen ohne Betreuung überstehen. Ehrlich gesagt glaube ich, dass die Würmer es durchaus
schätzen, wenn nicht alle paar Tage jemand den Deckel der Kiste öffnet und mit einer Schaufel alles durchwühlt …
Juli 2011, Verbesserung der zweiten Wurmkiste
Nachdem ich noch einmal erfahren habe, dass es den Würmern nicht nur zu warm, sondern auch zu kalt werden kann, sogar in San Francisco im Juli, baue ich zur Isolation noch eine Pappkiste um die
neue Wurmkiste in der Plastikbox herum und baue auch einen passenden neuen Deckel aus Pappe. Zur Belüftung mache ich auf der sonnenabgewandten Seite Schlitze und Löcher im Deckel, die ich dieses
Mal mit Fliegengitter versehe, damit keine neuen Fliegen hineinkommen. Es sind allerdings schon viele Fliegeneier in der Kiste, so dass es dafür vielleicht zu spät ist.
In der weiteren Beobachtung scheint mir, dass die Kiste tendenziell zu trocken ist. Die Würmer vergraben sich noch immer tief unten in der Schicht von schon verarbeiteten Resten, mit denen ich
sie in die neue Kiste hineingefüllt habe.
September 2011, Die dritte Kiste
Jetzt bin ich soweit, dass ich zwei neue Plastikkisten gekauft habe, um einen zweistöckigen Aufbau auszuprobieren. Das entspricht zwar nicht mehr den oben genannten Prinzipien, aber der Wunsch
nach größerer Kapazität der Kiste überkam mich plötzlich in einem Baumarkt und nun ist es so. In beide Kisten bohre ich einige Löcher und die eine Plastikkiste, die ich schon vorher hatte, dient
dazu, das überschüssige Wasser aufzufangen.
Den Kistenstapel packe ich in einen Pappkarton mit Deckel, damit die Würmer es dunkel haben, da die Kisten alle durchsichtig sind. Diese äußere Kiste hilft auch, die Temperatur im Inneren
stabiler zu halten.
Nach kurzer Zeit ist offensichtlich, dass die Würmer sich in beiden Kisten sehr wohl fühlen. Sobald ich die Kiste öffne und ein wenig Zeitungspapier wegschiebe, sehe ich Würmer (vorher musste ich
eher tief nach unten graben, um welche zu sehen) und sie vermehren sich merklich. Die untere Kiste mögen sie anscheinend noch lieber als die obere, es sind noch mehr als oben und sie sind auch
oben auf der Abdeckschicht aktiv und haben schon schnell eine Menge lockere, nährstoffreiche Wurmerde produziert.
Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meinem Tierversuch mit Kompostwürmern. Ich habe mich vernetzt, klein angefangen, die Ergebnisse beobachtet und den Phasen der Action-Learning-Spirale folgend
(Beobachten – Denken – Gestalten – Handeln) nach und nach meine Kompostkiste den neuen Anforderungen angepasst. Nur habe ich immer noch deutlich mehr Grünabfälle, als die Wurmkiste fassen kann,
und für eine richtige Komposternte hat es auch noch nicht gereicht bis jetzt.
November 2011, Nachtrag
Nach unserem Umzug in eine Wohnung mit Garten kommt noch eine neue Herausforderung dazu: Eines Morgens komme ich auf die Terrasse und alles ist verwüstet: die Hälfte der oberen Wurmkiste liegt
auf dem Boden verstreut, auch in einigen meiner Pflanzkübel (in die ich auch einige Würmer mitsamt Grünabfällen ausgesetzt hatte um mit der Idee des Compost-Worm-Tower zu experimentieren) wurde
offensichtlich gegraben. Waschbären. Außerdem regnet es nun auch gelegentlich mal wieder ziemlich heftig, so dass die Pappkistenlösung wieder weniger ideal erscheint.
Eine Woche später
Nun habe ich eine Art Holztablett auf der Straße gefunden, das nun als schwererer Deckel auf der Wurmkompostkonstruktion ruht. Dieser Deckel wird dann auch den neuen Pappkarton, den ich nach den
ersten Regenfällen brauchte, besser trocken halten.
Quellen
Es gibt in Büchern und im Internet viele Informationen, die beim Aufbau des eigenen Wurmkomposts helfen und erklären, was genau passiert in der dunklen Kiste; hier eine kleine Auswahl von Seiten, die für mich hilfreich waren:
Video: Wir bauen meine kleine Wurmfarm
Kompostberatung aus der Schweiz
The Worm Guide. A Vermicomposting Guide for Teachers, State of California 2001
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